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Das Hamburger Wetter

Es gibt in Hamburg genaugenommen nur einen einzigen klimatischen Zustand: das Wetter.

Schlechthin. Jedenfalls meistens. Es ist eine der vielbesungensten Eigenschaften Hamburgs, auch wenn es sich bei diesen Liedern in aller Regel um Elegien handelt. Realistischere Äußerungen wie die von Joan Kennedy bei ihrer Stippvisite, dass "der Hamburger Himmel ... schön und sehr blau" sei, bilden eher die Ausnahme. Die meisten Besucher der Hansestadt klagen sofort über das Wetter, und beschweren sich, nach Hause gekommen, in ihren jeweiligen Dia- oder Idiolekten über dasselbe.

Es gibt kein schlechtes Wetter.... nur unpassende Bekleidung.

Dabei hat das ebenso unbestechliche wie nach Meinung vieler Hamburg-Besucher auch unzuverlässige Meteorologische Institut längst bewiesen, dass das Wetter in Hamburg viel besser ist als sein Ruf. Die unausgesetzten und völlig unberechtigten Klagen darüber erheben das Wetter in dieselbe Kategorie wie die Reeperbahn, auf die auch alle neugierig sind, die die Touristen beeindruckt, wenn sie sie sehen, und über die sie dann aber abfällig herziehen, wenn sie noch mal davongekommen sind.

Die Hamburger tragen es mit typisch britischer, pardon, hanseatischer Gelassenheit. Folglich spielt die Schirmindustrie für das Hamburger Bruttosozialprodukt auch keine sonderlich herausragende Rolle. Sie muss ihre Produkte sogar schon an Tankstellen anbieten und verkauft sie vor allem an Touristen, Rentnerinnen (wegen der frisch ondulierten Haare), Leute mit Sonnenallergien und die Portiers von "Vier Jahreszeiten" und "Atlantik". Wenn es in der Hansestadt nieselt, herrscht für einen Hamburger hohe Luftfeuchtigkeit. Regnet es, tröpfelt's nur, und wenn es dann doch gießt, dann regnet es ein bisschen. Tobt sich jedoch ein Wolkenbruch über der Stadt aus, genügt dem echten Hamburger ein kurzer Blick aus dem Fenster, um zu konstatieren: "Da hinten klart's schon auf."

Die Hamburger pauschal, Wolfgang Thon, Fischer Verlag
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Wetter

Das Hamburger Wetter: besser als sein Ruf.